Bürgerschaft und Demokratie in Zeiten transnationaler Migration

Wenn Statistiken über die Bevölkerung der Schweiz veröffentlicht werden, dann sind die Menschen in der Regel in Schweizer und Ausländer aufgeteilt. Es interessiert, wie gross der Ausländeranteil an der Gesamtbevölkerung ist und wie stark er wächst. Diese statistische Trennung bestimmt unsere Sicht auf die Gesellschaft. Sie zeigt auf, wer dazugehört und wer nicht dazugehört. Doch wie meist, wenn gesellschaftliche Fragen auf zwei dichotome Pole beschränkt werden, hat dies wenig mit der viel komplexeren Wirklichkeit zu tun, vereinfacht oder verzerrt diese vielmehr. In den Statistiken werden die doppelten und mehrfachen Staatsbürgerschaften nicht berücksichtigt. Wenn wir diese in die Berechnungen einbeziehen, entsteht ein neues Bild: Nicht das Bild eines Entweder-Oder, Schweizerin-Ausländerin, sondern das Bild eines zunehmenden Sowohl-als-auch, sowohl Schweizer als auch Ausländer. 2016 besass rund ein Viertel aller Schweizerinnen und Schweizer im In- und Ausland eine doppelte oder mehrfache Staatsbürgerschaft, bei den in der Schweiz lebenden waren es 13 Prozent. Von den Schweizerinnen und Schweizern im Ausland können sogar drei Viertel auf zwei oder mehr Pässe zurückgreifen. Dieser Anteil ist im Laufe der Jahre kontinuierlich gewachsen. Und der Anteil der Schweizer Doppelbürgerinnen und -bürger unter der Wohnbevölkerung nimmt in jüngster Zeit schneller zu als der Anteil der Ausländerinnen und Ausländer.

Joachim Blatter, Martina Sochin D’Elia, Michael Buess, Bürgerschaft und Demokratie in Zeiten transnationaler Migration: Hintergründe, Chancen und Risiken der Doppelbürgerschaft, Schweizerische Eidgenössische Migrationskommission, 2018